Rover 2000 TC

Testbericht im "Zweiten Deutschen Fernsehen"

Bereits vor vielen Jahren wurden im "ZDF" Autos getestet. Aus einer Auflistung geht hervor, daß zum ersten Mal am 10.09.1963 im Rahmen der Sendung "Der Sportspiegel" ein Test vom DKW F102 gezeigt wurde (das waren noch Zeiten...). Es folgten unter anderem BMW 1800, Austin 1100, Mercedes 230, Ford Capri und viele andere Fahrzeuge.

In der Liste steht für den 16.05.1967 "Rover 2000 TC". Vor etlichen Jahren habe ich eine Kopie dieser Sendung auf VHS-Kassette beim "ZDF" gekauft.

Nach einem Sportbericht ist auf der Kassette ein ca. 15 Minuten langer Bericht mit und über den Rover 2000 TC zu sehen - trotz des am oberen Bildschirmrand permanent eingeblendeten "Timecodes" wunderbare s/w-Aufnahmen, zeitgenössische Kommentare des Testers Rainer Günzler und außergewöhnliche Fahraufnahmen (z.B. auf der Kreisbahn) - herrlich!

Hier der Wortlaut des Berichtes:

"Ich nehme an, meine Damen und Herren, daß gleich zu Beginn dieser Sendung die Frage entsteht, warum wir einen Rover testen. Ein englisches Fabrikat, das in Deutschland bestimmt keine große Popularität genießt, wenigstens bis jetzt nicht. Und lassen Sie mich die Antwort auf die Frage gleich mit ein paar allgemeinen Bemerkungen verbinden, nach welchen Gesichtspunkten wir für den Autotest die Fahrzeuge auswählen. Erstens: die Zulassungsziffer in Deutschland. Das wäre für diesen Wagen sicher kein Grundprinzip. Zweitens: das Interesse, das in Deutschland für ein bestimmtes Fabrikat besteht. Auch das scheint uns für den Rover bisher noch nicht zuzutreffen, noch kein Grund für die Auswahl für einen Test zu sein. Also, warum? Ganz einfach: weil der dritte Grund der Auswahl darin besteht, daß wir technisch interessante Konzeptionen vorstellen und unter die Lupe nehmen wollen. Und in diese dritte Kategorie gehört dieser Rover ganz ohne Zweifel. Ein Fahrzeug, dem seit zwei Jahren, seit es auf dem Markt ist, ein großartiger Ruf vorausgeht und das in verschiedenen technischen Details so interessant ist, daß wir Sie gerne mit diesem Typ bekannt machen wollen.

Das Fahrzeug kostet 14.930 Mark. Seine Maschine hat vier Zylinder in Reihe mit einer obenliegenden Nockenwelle. Sie entwickelt 110 PS bei 5.500 Umdrehungen. Zwei sogenannte SU-Vergaser sorgen zusammen mit gut abgestimmten Ansaugwegen für die richtige Füllung auch in den unteren Drehzahlbereichen. Genauso erfreulich ist die Lebendigkeit in den mittleren Drehzahlbereichen. Bei der Beschleunigungsprüfung von 0 auf 100 kommen 13,9 Sekunden heraus. Kein überragender, aber ein durchaus akzeptabler Wert. Die Übersetzungen sind in allen vier Gängen lang gehalten; so reicht zum Beispiel der dritte Gang bis über 140 km/h. Und der vierte Gang, den man ab knapp 50 km/h ohne Schwierigkeiten benutzen kann, läßt das Fahrzeug eine Höchstgeschwindigkeit von 176 km/h erreichen. Die aerodynamisch günstige Form des Wagens hält die Windgeräusche in Grenzen. Der Motor entwickelt einen angenehmen Ton, in Zahlen ausgedrückt messen wir bei 100 km/h 76 Phon.

Es lassen sich mit diesem Fahrzeug mühelos und vor allen Dingen ermüdungsfrei hohe Reisedurchschnitte erzielen, wobei der Verbrauch den üblichen Werten dieser Kategorie entspricht: bei einem Schnitt von 90 km/h auf der Landstraße 14,4 l/100 km, in der Stadt - je nach Verkehrsdichte - 12,5 bis 14,5 und auf der Autobahn bei einem Schnitt von 135 km/h 11,5 Liter. Der Testverbrauch über 2.000 km ergab 14,1 Liter - es muß natürlich Super getankt werden. Und dieser Testverbrauch lässt bei einem Tankinhalt von 55 Litern eine Non-Stop-Fahrt von ca. 380 km zu. Das ist zu wenig.

Es gibt ein paar Dinge, die einem sofort auffallen, wenn man sich in diesem Rover 2000 TC umschaut. Alles ist außerordentlich gediegen verarbeitet. Und dann: der Wagen riecht ganz typisch englisch. Woher kommt das? Ganz einfach: alles ist mit echtem Leder ausgeschlagen. Im übrigen scheint uns diese Innenausstattung nicht nur sehr funktionell zu sein, sondern darüber hinaus auch noch von Anfang an gut durchdacht. Das beginnt mit diesem kurzen, handlichen Schalthebel, geht weiter über die sehr gut liegende Stock-Handbremse; die Armaturen - über die lässt sich weiter nichts außergewöhnliches sagen. Sie sind übrigens sehr gut abzulesen und die einzelnen Anzeigen sagen ganz deutlich, was sie meinen. Die Sitze sind außerordentlich komfortabel, richtige Schalensitze, in denen man sich wohlfühlt. Und man kann, je nach individuellem Anspruch, auch die Lenksäule verstellen. Man kann das Lenkrad nach oben oder auch nach unten hin in die gewünschte Lage rücken. Am imponierendsten erscheint uns die sinnreiche und gute Unterbringung vieler, vieler Ablageflächen. Erstens hier oben am Armaturenbrett - darunter sehen Sie übrigens die beiden Belüftungsschlitze, die Sie, je nachdem, wie man will, einstellen, öffnen können oder auch nicht - und darunter diese großen und beinahe schon überdimensionierten Ablagefächer, auf der linken Seite eines und auf der rechten Seite gleich noch eines. Diese Ablagefächer haben über den rein praktischen Wert noch den Sinn, die Insassen bei einem eventuellen Unfall zu schützen.

Wenn man das so alles betrachtet, dann muß man sagen, daß hier der Rover seiner Konkurrenz doch in manchen Dingen stark überlegen ist.

Dem Rover geht seit Jahren der Ruf voraus, eines der sichersten Fahrzeuge zu sein. Prüfung der Empfindlichkeit bei Seitenwind. Wind- und Wagengeschwindigkeit 100 km/h. Die Lenkung des Rover ist bei einer Vorbeifahrt blockiert, kann also zu keiner Korrektur herangezogen werden. Die Abweichung beträgt 3,50 Meter und entspricht damit dem Durchschnitt.

Ein Bremsverstärker erleichtert die Arbeit im Fahrzeug. Die Bremsen sind dementsprechend leicht zu betätigen und haben sich unter allen möglichen Bedingungen als standfest erwiesen. Aus einer Geschwindigkeit von 100 km/h kommt der Rover in 50,60 Metern zum Stand, wobei er exakt in der Spur bleibt. Der Wagen ist mit vier Scheibenbremsen ausgerüstet, die erstaunlicherweise bei einer Fahrt durch ein paar Zentimeter hohes Wasser nichts von ihrer Wirkung verlieren. Im übrigen ist die Karosserie dicht und der Motor so gut abgedeckt, dass er auch solche Anforderungen klaglos übersteht.

Kaltstartversuch. Der Rover 2000 TC ist auf -15 Grad unterkühlt. Im Motor, wie sich das gehört, Öl für den Winterbetrieb. Die Batterie hat ihre volle Leistung.... Der Anlasser dreht und dreht und dreht, aber der Wagen springt nicht an, so daß er statt mit eigener mit Muskelkraft aus der Kältekammer zum Abtauen gebracht werden muß.

Statt im Auto jetzt zur Abwechslung mal unter dem Auto. Da ist vorne - und hier sehen Sie die Abwandlung einer sogenannten De-Dion-Achse. Das Differential und zwei innenliegende Scheibenbremsen, sie beide sind mit dem Karosserieboden fest verbunden. Und das bedeutet geringe ungefederte Massen. Das Achsrohr ist teleskopartig ausgebildet. Sie sehen, hier kann es sich zusammenschieben, um die durch das Federn entstehenden Spurveränderungen wieder aufzufangen. Hier, diese beiden Antriebsachswellen sind starr und können so auch starr bleiben. Was ist nun der Vorteil einer solchen Konstruktion? Erstens: geringe ungefederte Massen - ein Prinzip, das man immer anzustreben hat. Und zweitens geringe Spurveränderungen und gegenüber den allgemein üblichen Starrachsen eine erheblich bessere Radführung.

Auch die Vorderachse ist recht interessant. Werfen wir noch einen kurzen Blick auf dieses Prinzip. Auch hier hat man einige interessante Gedanken verwirklicht. Wie Sie gesehen haben, liegt die Feder im Radkasten waagerecht und sie wirkt über diesen sogenannten Winkelhebel. Der Vorteil dieses Prinzips besteht darin, daß der Radeinschlag größer wird. Das Lenksystem können wir Ihnen leider hier nicht zeigen - und zwar aus sehr gutem Grund: man hat dieses System nach hinten und nach oben verlegt. Und das hat folgenden Effekt: daß zum Beispiel bei einem Auffahr- oder einem Aufprall-Unfall die gesamte Lenkung sich nicht in der „ersten Zone“ befindet, sondern so weit zurück, daß bei einem solchen Aufprall-Unfall die Lenkung nicht in das Innere des Wagens eindringen kann. Und das ist unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit ein ganz wesentliches Konstruktionsmerkmal.

Die Grundform des Rover besteht aus einem Stahlskelett, in das alle Teile des Fahrzeuges eingebaut werden. Man hat in dieser Konstruktion die Verformbarkeit des Hecks und der Frontpartie verankert, zwei wichtige Voraussetzungen zur Milderung eventueller Unfallfolgen.

In der Praxis macht sich der konstruktive Aufwand im Fahrgestell sofort bemerkbar. Schwingungen und Stöße werden, bevor sie den eigentlichen Fahrgastraum erreichen, weitgehend absorbiert. Die Federung des Rover 2000 TC gehört zu dem Besten, was auf diesem Sektor geboten wird.

Man hat immer das Gefühl, daß der Wagen exakt auf der Straße liegt, wobei seine leichte Tendenz zum Übersteuern - das heißt seine Tendenz, mit dem Heck nach außen zu wischen - einen einigermaßen geübten Fahrer vor keine Probleme stellt. Vor allen Dingen, weil sich dieses Übersteuern erst in Grenzgeschwindigkeiten bemerkbar macht, die im normalen Straßenverkehr kaum gefahren werden. Der Rover gehört zweifellos zu jenen Fahrzeugen, die ihren Fahrer in ganz kurzer Zeit das Gefühl echter Sicherheit vermitteln. Eine Tatsache, die als eines der Hauptmerkmale angesehen werden muß.

Die Kurvenneigung des Wagens sieht sicher, meine Damen und Herren, sehr spektakulär aus, eigentlich spektakulärer als man es im Wagen selbst empfindet. Trotzdem wird natürlich das Fahrverhalten in schnell gefahrenen Kurven durch diese erhebliche Querneigung beeinträchtigt. Man sollte meinen, daß die beiden Buchstaben „TC“ auch für eine härtere Federung gesorgt hätten. Aber dem ist leider nicht so. Noch ein Problem für einen Touren-Sportwagen: das Problem der Lenkung werden Sie gleich selbst sehen. Sie ist sehr indirekt - und man hat sehr viel zu tun.

Diese indirekte Lenkung hat natürlich auch ihre Vorteile. Sie läßt zu, das Fahrzeug ohne Kraftaufwand zu dirigieren. Ein Vorzug, der sich vor allen Dingen in der Stadt angenehm bemerkbar macht. Die Lenkung geht zwar nicht so leicht, wie wenn sie zusätzlich servounterstützt wäre, aber sie ist immerhin ohne große Mühe zu betätigen. Diese Feststellung gehört unter die Überschrift „Handlichkeit“. Unter der gleichen Rubrik ist der Wendekreis des Rover mit 10,20 m als besonders günstig zu bezeichnen.

Der Rover kostet im Jahr an Steuern 288 Mark, Versicherung 592 Mark, Testverbrauch 14,1 Liter. Das ergibt bei 20.000 km im Jahr 14,1 Pfennig pro Kilometer.

Man kann innerhalb einer Testfahrt von rund 2.000 km natürlich einen Wagen nicht nur gut kennen, sondern - wie im Falle des Rover – auch schätzen lernen. Nicht ganz uneingeschränkt. Was uns am wenigsten gefallen hat, ist die Bezeichnung „TC“, das heißt soviel wie „TS“ oder „TI“. Es ist eine Zusatzbezeichnung, die sportlichen Charakter verraten soll. Und sportlichen Charakter im wörtlichen Sinne dieses Wortes besitzt der Rover 2000 TC nun mal nicht. Warum nicht? Die Leistung von 110 PS ist hoch für einen Vierzylinder-2-Liter-Wagen, aber auch das Gewicht von 1300 Kilo spielt dabei eine sehr wesentliche Rolle. Und beides zusammen ergibt eben kein gutes, so genanntes Leistungsgewicht. Also: das Temperament schäumt nicht über. Aber auf der anderen Seite verraten diese 1300 Kilo, dass man sehr viel Komfort in diesen Wagen zu packen versucht hat. Und dieser Versuch ist gelungen. Eine sehr komfortable Reiselimousine, die in ihrer Ausstattung der Konkurrenz zum Teil wirklich überlegen ist. In jedem Fall ist dieser Rover 2000 und auch der Rover 2000 TC, den wir Ihnen in der letzten Viertelstunde vorgestellt haben, ein Auto mit außergewöhnlichen Konstruktionsmerkmalen. Etwas für Liebhaber, die sich nicht scheuen, auch etwas tiefer in die Tasche zu greifen als sonst üblich, die ihren Individualismus gerne auch bezahlen."

 

Zusammenfassung der Testergebnisse

 

Prüfung Bedingungen Meßwert
Beschleunigung 0 bis 100 km/h 13,9 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit   176 km/h
Bremsweg aus 100 km/h 50,60 m
Verbrauch Durchschnitt Stadt 12,5-14,5 l/100 km
  Landstraße Durchschnitt 90 km/h 14,4 l/100 km
  Autobahn Durchschnitt 135 km/h 11,5 l/100 km
  Testverbrauch 14,1 l/100 km
Aktionsradius   380 km
Seitenwindversuch

Windgeschwindigkeit 100 km/h

Wagengeschwindigkeit 100 km/h

Abweichung 3,50 m
Kaltstartversuch - 15 0  C nicht angesprungen
Wendekreis   10,20 m
Geräuschmessung bei 100 km/h 75 Phon
Wasserdurchfahrt   ohne Beanstandung

 

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